Beendet das Sterben im Mittelmeer – Entkriminalisierung der Retter
Von Berthold Engelke
Laut UNHCR ist es am Dienstag, 03. Juli erneut zu einem Unglück auf dem Mittelmeer gekommen, 114 Menschen werden vermisst. Es ist das dritte Unglück seit die Rettungsschiffe in ihrer Arbeit blockiert sind. Am Sonntag, 01. Juli ertranken 63 Menschen, Freitag, 29. Juni waren es über 100, darunter drei Babys. Der Juni war mit 629 bestätigten Toten der tödlichste Monat seit fünf Jahren, obwohl lediglich halb so viele Menschen in Italien ankamen.
Das Risiko, bei der illegalen Fahrt über das Mittelmeer zu sterben, ist so hoch wie nie. In diesen Tagen ertrinkt nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) einer von sieben Zuwanderern auf der zentralen Mittelmeerroute. Im ersten Halbjahr 2018 ertrank einer von 19, im Vorjahreszeitraum bezahlte einer von 38 Menschen den Versuch, nach Europa zu kommen, mit seinem Leben. Bisher ertranken in diesem Jahr damit mehr als 1400 Afrikaner und Asiaten auf dem Seeweg nach Europa. Damit nimmt das Sterben ein ungekanntes Ausmaß an.
Die nichtstaatlichen Organisationen fallen als Retter im Mittelmeer aus. Damit erklärt sich die hohe Anzahl der Ertrunkenen. Italien und Malta haben die seit Mitte 2014 praktizierte informelle Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Interessenverbänden wie Ärzte ohne Grenzen, Sea-Watch und anderen Nichtregierungsorganisationen aufgekündigt. Italien und Malta haben für sie die Häfen dicht gemacht. Damit sind die Organisationen von Proviant und Treibstoff abgeschnitten und können zudem nicht mehr die Menschen, die sie aus Seenot gerettet haben, in der EU absetzen. Darüber hinaus werden die nichtstaatlichen Organisationen kriminalisiert und unter den Generalverdacht gestellt, mit den Schlepperbanden an der lybischen Küste gemeinsame Sache zu machen. Fakt ist jedoch, das Verdrängen der NGO vor der libyschen Küste hat erhebliche Auswirkungen. Das UNHCR schätzt, dass 40 Prozent der Seenotrettung von NGO geleistet wurde.
Als Bodenseeinstitut für Traumapädagogik fordern wir daher die Entkriminalisierung der Retter und die Beendigung des sinnlosen Sterbens von Menschen im Mittelmeer.
Pia Klemp, Kapitänin der Sea-Watch 3, bringt es auf den Punkt:
Dass Rettungsschiffe vorsätzlich blockiert werden (…), dass nicht das Sterben, sondern Seenotrettung aktiv verhindert wird, ist nicht nur beschämend, das ist kriminell.”
Zitat und Foto aus Newsletter 2018 Sea-Watch
Wie so oft wird in der Politik keine Ursachenbehebung betrieben, sondern lediglich die „Vogel-Strauß-Methode“ verfolgt: Wenn die Flüchtlinge nicht an Bord von Rettungsschiffe kommen und so wir sie so nicht in unsere Häfen lassen, dann ist die prekäre Lebenslage dieser Menschen nicht unser Problem … Einfach nur schrecklich!