Neues von der Sea-Watch 3

Von Berthold Engelke


Joshua von Sea-Watch e.V.  newsletter@sea-watch.org von Mi 30.01.2019

die gute Nachricht vorweg: Heute dürfen jene 47 Menschen, die am 19. Januar von unserer Crew auf der Sea-Watch 3 vor Libyen gerettet wurden, endlich in Italien an Land gehen. Sie sind nach der fast zweiwöchigen Hängepartie ebenso erschöpft wie glücklich. Gleiches gilt für unsere Aktivist*innen. Sechs Tage lang hatte die Sea-Watch 3 in unmittelbarer Nähe des Hafens von Siracusa (Sizilien) verbracht. Zwar hatte Bürgermeister Italia uns persönlich eingeladen, doch Innenminister Salvini stellte sich quer und verhinderte das Einlaufen. Kein Wunder, dass sich die angespannte Lage – nicht nur an Bord – nochmal deutlich zuspitzte.

Während der psychische Druck, hervorgerufen durch die Unklarheit, die Migrant*innen auf der Sea-Watch zermürbte, arbeiteten zahllose Menschen fieberhaft an einer Lösung der verfahrenen Situation.  Bürgermeister Francesco Italia und andere Politiker*innen besuchten uns an Bord und drückten ihre Solidarität aus. Crew-Mitglieder wendeten sich in eindringlichen Botschaften an die Öffentlichkeit. Besonders die berührende Geschichte des Folteropfers Doro – erzählt von Sea-Watch-Aktivist Brendan – verbreitete sich auf Facebook wie ein Lauffeuer. Last but not least reichten Überlebende und Besatzung mit Hilfe unseres Land-Teams eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein. Diese hatte letztendlich Erfolg.

Der EGMR verpflichtete Italien nicht nur dazu, täglich Rechenschaft abzulegen, sondern forderte die Regierung auch auf, „so bald wie möglich alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um allen Antragstellern eine angemessene medizinische Versorgung, Nahrung, Wasser und Grundversorgung zu gewährleisten.“ Details zum Urteil findest Du auf unserer Website.

Heute Mittag ging es dann plötzlich ganz schnell. Ministerpräsident Guiseppe Conte verkündete, dass die  Geretteten an Land gehen dürfen. Sieben EU-Staaten hätten sich dazu bereiterklärt die 47 Menschen aufzunehmen. Wir sind natürlich erleichtert, aber nicht zufrieden. Wir vergessen nicht, wie schwierig die letzten Tage waren. Wir vergessen nicht, dass Europas Mächtige erneut auf dem Rücken traumatisierter Menschen Politik betrieben haben. Das schmutzige Spiel wiederholt sich in immer kürzeren Intervallen. Immer wieder wird aufs Neue geschachert. Nie blicken die EU-Entscheidungsträger über das nächste Boot hinaus. Das ist ebenso unmenschlich wie unerträglich. Unsere Forderung ist klar: Schluss mit diesen politischen Geiselnahmen!

Bei Dir möchte ich mich an dieser Stelle nochmal herzlich für Deine Unterstützung in den letzten Tagen, Wochen, vielleicht schon Monaten oder Jahren bedanken. Ich weiß – wir wissen: Das ist nicht selbstverständlich. Deshalb freuen uns weiter wahnsinnig über jede Art des Supports.

Mit den besten Grüßen im Namen aller Sea-Watch-Aktivist*innen,

Dein Johannes Bayer
Vorsitzender Sea-Watch